11
Dez

Prolog: Texte aus dem Jahr 2000 (12)

Die zweite dieser bleibenden Erinnerungen führt in einen Abend zurück, in dem die „Wölflinge“ eine so genannte Nachtwanderung als „Mutprobe“ zu bestehen hatten. Wo sie begann, liegt in der Dämmerung des Vergessens, aber es war schon dunkel, als wir, weit hinten im Wolfental, in diesen Wald hineingingen, der sich dort, von der Stadt aus betrachtet rechts des Bächleins, das dort durchs Tal rinnt, entlang zieht, bis er gegenüber des Kreiskrankenhauses endet. Ein Weg schlängelt sich durch dieses Gehölz, auf dem wir, ausgerüstet mit Taschenlampen, voranschritten, in Erwartung der mit vagen Andeutungen, die uns in Spannung versetzen sollten, angekündigten unvorhergesehenen Vorfälle, die uns aber schon vor Beginn dieses nächtlichen Spaziergangs einige Bemerkungen entlockt hatten, aus denen wir uns gegenseitig vergewisserten, daß diese Mutprobe doch uns nicht angemessen sei und etwas lächerlich war; gleichwohl waren wir tatsächlich gespannt, welchen Humbug sich die zwei, drei Älteren, die Gruppenleiter, einfallen lassen würden.

Die Strahlen der Taschenlampen beleuchteten den stockdunklen Pfad. Hin und wieder erschallten von irgendwo aus dem Wäldchen dumpfe Laute, die uns wohl erschrecken sollten, und zweimal „geisterte“ jemand neben uns; für uns, die wir rasch die Taschenlampen auf dieses „Gespenst“ oder diesen „Waldmenschen“ richteten, aber, dank der raschen Geschicklichkeit dessen, der dort herumgespensterte, unsichtbar. Gegen Ende des Weges, als wir schon durch die Äste und Zweige ferne Lichter der Häuser und Laternen blitzen sahen, hing einer dieser „Angsteinflößer“ plötzlich über uns in den Ästen, mit, wenn ich das jetzt auch nicht mit genauer Sicherheit sagen kann, zwei oder drei Wassereimern, die neben ihm in das Geäst hineingehängt worden waren und mit deren Inhalt wir zu guter Letzt noch hätten überschüttet werden sollen, aber da wir diesen „Waldgeist“ mit Hilfe unserer Taschenlampen rechtzeitig entdeckt hatten, wurde daraus nichts.

Johlend und spottend forderten wir den dort oben Turnenden auf, herunterzusteigen, und lachend zogen wir alle hinaus aus diesem nicht allzu viel Angst einflößenden Abenteuer.

2.12.2000
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

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Als Biberacher, der K.D. kannte und als bekennender...
Tadellöser - 20. Dez, 13:02

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