3
Okt

3. Oktober 2002

In eineinhalb Wochen nichts geschrieben! Vor der Reise nach Biberach am 26.9. wollten die Gedankenrinnsale aus dem Gedächtnis nur zäh etwas in den grüne dünne Paste auf das Heftpapier spendenden Stift fließen lassen, und während der Tage in der oberschwäbischen Stadt, die ich wegen einer Kunstausstellung, auf deren Vernissage ich einige Sätze sagen sollte und auch sagte (das Zugticket wurde mir bezahlt, sonst wäre ich nicht gefahren) hinter mich brachte und „hinter mich brachte“ ist der richtige Ausdruck, war es mir trotz mancher gedehnter Stunde, in der ich aus Cafés auf die Straßen blickte, mich erinnerte an dies und jenes, gar nicht möglich, mit dem Stift, den ich ja in der linken Innentasche des Jacketts mit mir durch Biberach herumtrug, auf das karierte Papier des kleinen Notizblocks, der sich ebenfalls, übrigens nicht nur auf Reisen nach Biberach, sondern auch während meiner Spazierfahrten durch -gänge durch Berlin, in der derselben Jacketttasche befand, Wörter und Sätze, mein früheres Leben in Biberach betreffend, setzen zu können. Eine Unlust hatte wieder, nicht zum ersten Mal, im Gedankengebäude, in dem es so viele und unübersichtliche krumme Gänge, Treppen, schmale Stiegen, Portale, Hintertüren, Zimmer und Kammern, Küchen, Keller, Dachböden und eine Mansarde, Halbetagen und Zwischendecken und geheime Fluchtwege zwischen den Ganglien gibt, Gastrecht beansprucht, und eine gewisse Nachlässigkeit an der Tür ließ diesen finsteren Vogel hereinflattern. Nun diente es meiner Sache wenig, wenn ich im Nachhinein diese verlorenen Tage mit Texten über „damals“ auffüllen würde, und schon im Juli hatte ich ja das Notizenmachen unterbrechen müssen, das Prinzip des täglichen Schreibens ist also längst ad acta gelegt; so muß ich mir erlauben dürfen, das Fehlen von Erinnerungssätzen nach dem 22.9.2002 mit diesen Worten hier zu entschuldigen. (Und verweist diese Lücke nicht auf die vielen ungeschriebenen Texte, die trotz kontinuierlicher Zeichensetzung auf’s Papier auch nie geschrieben würden; und entspricht sie nicht den Erinnerungslücken, die es unmöglich werden lassen, diesen oder jenen Text überhaupt schreiben zu wollen?) Stattdessen soll eine skizzenhafte Aufführung von Überlegungen und Eindrücken, die mir vom 26. bis zum 30. September 2002 in meiner Heimatstadt in den Kopf gerieten, die ich aber erst nun, nach der Rückkehr, schreibe, folgen; nach diesem kurzen Auftauchen an das Licht heutiger Biberacher Tage wollen wir wieder in die Tiefen des Vergangenen, auch in die des Bewußtseins hinab gleiten.)
- Wärmender, sehr schöner Frühherbsttag.
3. Oktober 2002
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

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