12.1.2002
Ich will dem Zeitungsmann in der Lokalredaktion der „Schwäbischen Zeitung“ in Biberach einen Artikel schicken, in dem etwa folgendes steht: Vieles, was sich im Leben der Stadt Biberach in den siebziger Jahren ereignet habe, sei vergessen oder in den Archiven verschwunden, und was für die Angehörigen meiner Generation in die Jugend gehöre, erführen Jüngere, wenn überhaupt, nur als Aspekte der Stadtgeschichte. Der Autor schildere nun, vielleicht als ersten Beitrag innerhalb einer Serie über die siebziger Jahre, wie der „Club Impuls“ zur Jahreswende 1973/1974 ins Leben gerufen worden sei. Der Artikel möchte hervorheben, daß die Idee, in Biberach Kino-Spätvorstellungen anzubieten, ihre Keimzelle im „Club Impuls“ gehabt habe. Kino-Spätvorstellungen hätten bis in die Mitte der Siebziger nicht stattgefunden. Der Autor des Artikels sei damals einer der Mieter gewesen, aus der Gruppe der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend, die ein Kellergewölbe am Gigelberg als Versammlungsraum gemietet hätten. Aus der „Strauß“-Szene – die Gastwirtschaft „Strauß“ sei zu Beginn der siebziger Jahre einer der wenigen Orte gewesen, in der sich die nichtorganisierte Jugendszene getroffen habe – sei der politischen Gruppe vorgeschlagen worden, dieses Gewölbe auch als Club für politisch nicht gebundene junge Leute zu nutzen. So sei im Dezember 1973 der „Club Impuls“ entstanden. Eine früher aktive Jugendgruppe, „idee 68“, hätte in diesen Keller schon eine Theke hineingebaut, und wir hätten uns einige alte Sofas und Sessel besorgt, und ein Ölöfen habe schon darin gestanden, eine – unzureichende – Lüftung ebenfalls. In der Kreisbildstelle hätte ich einen Vorführschein für den von dort auszuleihenden Filmprojektor erworben. Der Club sei dann freitags und samstags ab 20 Uhr geöffnet gewesen. Zweimal hätten an den Samstagen lokale Jazzrockgruppen gespielt, an anderen Wochenenden seien Filme gezeigt worden, die wir vom Filmkunstverleih „Atlas“ in Göttingen erhalten hätten. Während die Clubbesucher rauchend und trinkend in den Sesseln und Sofas gesessen hätten, habe der 16-mm-Projektor leise ratternd Filme von und mit Charly Chaplin, Stan Laurel und Oliver Hardy, Bunuels „Milchstraße“, den Schwarzweiß-Western „Nevada“ und „Zabriskie Point“ von Antonioni auf die tragbare Leinwand geworfen. Nur DM 2 zur Kostenerstattung für die Filme hätten die Zuschauer entrichten müssen. Der Club habe rasch 74 Mitglieder gehabt. Im März ’74 hätten wir dann einen Brief erhalten – vom Kinobetreiber A. Kutter. Im Brief sei das Angebot, die von uns ausgewählten Filme in einem seiner beiden Kinos – die Filmtheaterbetriebe K. hätten damals nur aus den Abspielhäusern „Filmtheater“ und „Urania“ bestanden – zu zeigen, ohne Gewinnbeteiligung der FTB K., mit der Drohung, andernfalls, wenn wir auf dieses Angebot nicht hätten eingehen wollen, den Filmverleih infolge der Konkurrenzsituation durch unsere neue kinematographische Aktivität dazu zu veranlassen, dem „Club Impuls“ keine Filmmietverträge mehr zu gewähren, verbunden gewesen. Wir hätten uns natürlich dazu entschlossen, auf dieses Angebot einzugehen, denn in einem richtigen Kino sei es uns möglich geworden, auch Cinemascope- und andere Breitwandfilme abspielen zu können. Am 28. März habe unter der Überschrift „Neuer Film-Impuls“ in der Schwäbischen Zeitung gestanden: „Der Biberacher Club Impuls (...) zeigt sein Programm an qualitativ anspruchsvolleren Filmen ab 29. März im ‚Urania“, jeweils alles zwei Wochen freitags um 22.30 Uhr.“ Gezeigt worden sei „Privileg“ von Peter Watkins, ein gesellschaftskritischer Streifen über das Pop-Geschäft und Politik. Die erste Kino-Spätvorstellung in Biberach habe als „Nachtstudio Club Impuls“ am 29. März 1974 stattgefunden, mit 38 Besuchern. Wir hätten Filme der Marx-Brothers in Originalfassungen mit Untertiteln, von Polanski, Lester, Resnais, Fellini, Corbucci, Ponte-corvo, Rocha, Clément und anderen, außerdem Rockmusikfilme mit den Stones, Frank Zappa, Arlo Guthrie, Pink Floyd angeboten. Der Comicfilm „Fritz the Cat“ habe einen Publikumsansturm verursacht, das „Filmtheater“ sei ausverkauft gewesen. „Aguirre – Der Zorn Gottes“ sei 1974 die erste, übrigens gut besuchte, Vorführung eines Werks von Werner Herzog, der nur Cinéasten ein Begriff gewesen sei, in Biberach gewesen, am 23. August. Im Sommer 1974 hätten die politische Gruppe und der Club den Keller aufgegeben. Der Club habe nur noch Kino angeboten. Inzwischen Student in Stuttgart geworden, nach wie vor Presseankündigungen und Infoblätter schreibend, hätte ich den Club, der nun ein reiner Filmclub geworden sei, eine Zeitlang am Leben erhalten. Ein hartnäckiges Defizit sei aufgelaufen, das im Frühjahr 1975 die Vorführung von ein paar Musikfilmen ausgeglichen habe. Der „Club Impuls“ sei ad acta gelegt worden, hätte seinem Namen aber Ehre gemacht: in den FTB K. seien danach Spätfilme im „Nachtstudio Impuls“ und noch später unter ähnlicher Bezeichnung und schließlich gar keiner gezeigt worden; die Spätvorstellungen seien eingeführt gewesen und hätten ihr Publikum gehabt.
- Keine Wetterbeobachtung.
12.1.2002
- Keine Wetterbeobachtung.
12.1.2002
12.01.