2
Jun

2.6.2002

Und doch voran wieder (oder zurück) ins Jahr `74, denn aus diesem Jahr weht mich ein gutes Gefühl an, ein leichter Wind aus Partikeln voller Sympathie und lichter Zeit; denn es lag ja in der ersten Hälfte der siebziger Jahre, die für mich die schönere Hälfte dieses Dezenniums war, und bildete mit seinem Nachfolgejahr, 1975, den ansteigenden Höhepunkt dieser Jahrzehnthälfte; und 1976, um auch die Grundeigenschaft dieses Jahrs – jedes Jahr der Siebzigerdekade besitzt für mich, aus der Entfernung betrachtet, seit längerem schon seine sehr eigene Prägnanz und Spezifität – voraus blickend anzudeuten, kulminierten meine siebziger Jahre und fielen schnell, ab dem Herbst, in einer langen Kurve nach unten ab, bis zum Ende jener zehn Jahre, als ich in einer verdüsterten Zeit lebte.
Man spricht heute wieder vom Lebensgefühl, das so oder so sei und das da und dort so und so gewesen sei, im Urlaub oder sonstwo, das dem einen oder anderen möglicherweise ein bißchen altbacken – auch kein knuspriger Neologismus – auf der Zunge liegt, und das ist auch für mich gar nicht der Begriff, der nach Siebzigerjahre riecht und schmeckt, in denen er mir nie in den Gedanken und nie in den Gefühlen war, ich kannte ihn nicht, kann mich nicht daran erinnern, daß ich ihn jemals gelesen hätte, und wenn er benutzt worden war, dann nicht in meinem „Lebenskreis“. Ich nehme mal an: Was die Rock- und Popmusiker an Klängen und Sound über den Grossen Teich und den Kanal gebracht und aus ihren weiten Ärmeln und ihren Gitarren geschüttelt hatten, bewirkte, durch Schütteln und Rütteln nicht nur der einzelnen Körper, daß bestimmte Verhältnisse und die herkömmliche Sprache eine andere Konsistenz und veränderte Oberflächen bekommen hatten, und spätestens dadurch war auch das Wort Lebensgefühl zum feeling geworden. Ich hatte `74 ein geiles feeling, könnte ich also schreiben, woran mich nur stören würde, daß „geil“ – andersrum, sozusagen, gedacht – noch nicht das Allerweltsadjektiv war, das es heute ist und noch eher seine herkömmliche Bedeutung im Vorspiel rinnender und spritzender Körperflüssigkeiten besaß. (Ende der achtziger Jahre hörte ich im „Sternchen“-Kino eine der jungen Damen hinter dem Tresen zu einer anderen vom Betreiber einer unscheinbaren Szenekneipe erzählen: „Dann sagte der: ‚Jetzt geh ich in meine kleine Küche und mach mir einen geilen Fisch.‘ Für den war alles geil.“ Es amüsierte mich, auch, weil ich die Kritik heraushörte, daß der verschleißende Gebrauch dieses lustbetonenden Wörtchens sie irritierte.) In diesen Jahren, ein Vierteljahrhundert später, scheint mir nun das feeling ein fremd gewordener Ausdruck geworden zu sein, auch mir selbst, und wenn ich nun das durch eine der geheimnisvollen Einwirkungen der Zeitläufte aufgefrischt riechende Lebensgefühl doch benutze, aus den Zusammenhängen von heute auf jene reflektierend, dann deshalb, weil „Lebensgefühl“ im neuesten Befindlichkeitsdenken ein (wieder?) verständliches Hauptwort ist, aber verständlich eher in der Weise der Redensart, die eben dann verwendet wird, wenn dem Redenden etwas Gedachtes plus Empfundenes doch nicht so präzis ist, daß er diese Mischung mit genau umzirkelten Wörtern und Sätzen erklären könnte und sie so ein wenig trübe bleibt. Aber wahrscheinlich ist dieses Substantiv gerade aufgrund solcher Unzulänglichkeiten dafür geeignet, die prinzipiell ungenaue und nicht in die passenden Worte zu fassende Gemütsbewegung „Gefühl“ mit dem Leben, dessen Undurchsichtigkeiten und Verzeichnungen paradoxerweise jedem klar sind, eben in den Augenblicken, in denen er sie nicht durchschaut, in eine gebrauchsgegenständliche Facon einzubinden, die etwas Flüchtiges in einer scheinbar festen Form zeigt. Wenn ich aber doch, etwas zögernd, dieses Wort auf mein Zustandsgefühl der ersten Hälfte der siebziger Jahre anwende, dann paßt das „geil“ wieder nicht; oder was meinen Sie? „Ich hatte ein geiles Lebensgefühl“ – irgendetwas stimmt für mein Dafürhalten hier nicht. Letztlich ist das seines Lustversprechens weitgehend beraubte Wörtlein mir auch zu sehr Jugendjargon. Wie auch immer: mein Lebensgefühl war nie – davor und danach – so stark und kräftigend wie in den genannten Jahren. Ich war erfüllt von Lebenslust und Selbstsicherheit, lebte in der Gewißheit, „schön“ zu leben, frei zu sein, ein schreibender Mensch zu sein und werden zu können. Ich traute mir alles zu. Ich war sehr lebensgierig. Biberach war in den Siebzigern gar nicht so übel, ich dachte damals schon so. Es war ein – s.o. – schlecht zu erfassendes Fluidum in der Stadt, das „von 68 her“ wirkte und von den verschiedenen Gruppen, Grüppchen, Initiativen, vom „Strauß“, vom „Rebstock“, gegen Ende des Jahrzehnts vom „Alten Haus“, von Schlaghosen, langen Haaren, beringten Jungenfingern, hennafarbenen Haaren, engen Jeansjäckchen, barfüßigen Freaks, Haschwölkchen (nicht in meinem Kopf), „Enten“-Citroens, Rockkonzerten, Jazzkonzerten, Pokernächten im „Schwanenkeller“, meiner IBM-Schreibmaschine, Wohngemeinschaften, politischen Aktionen und Aktiönchen, gelungenen und gescheiterten, Essengehen beim Griechen im „Pflug“ neben dem Museum, Ausstellungen, Ausstellungsskandälchen, langen Lesenachmittagen in der Stadtbücherei, „sinnlosen Besäufnissen“, Katern (im Kopf und im Zimmer), Gin und Dimple-Whisky, Rotwein en masse diverser Lagen, Zigarettendunst vermischter Marken, sexlosen Nächten, etlichen wichtigen Büchern, von Fehlern und Unterlassungen, von Klugheit und Dummheit, Freundschaft, nächtlichem Klavierspiel, Kleinstadtgangs, neuesten Nachrichten aus dem Drogendezernat der örtlichen Polizei (gerüchteweise), Discos, Spielhallengeräuschen, Eifersucht, Raggae-Platten, Plateausohlen, Clogs, Manuskripten, Filmen, Kinobesuchen, Kinoarbeit, Filmfestspielen, Parties, wo ich die durch Hausvaters Sorge versteckte Cognac-Flasche doch entdeckte, von Tod, Liebesverlangen, Enttäuschungen, von vielem, was unter et cetera steht und nicht mehr erwähnt wird, ausströmte – soweit es in mich einströmte.
- Heißer Sommertag. Im Süden von Berlin flogen die Jets, die hier zu beobachten waren, über den mächtig aufgebauschten weißen Wolken von West nach Ost und von Ost nach West. An den Unterseiten der Wolken graue Zonen; in die das Licht nicht durchdrang?
2.6.2002

31
Mai

31.5.2002

Ein paar wenige Jahre früher – wenige, sage ich jetzt, in meinem heutigen Bewußtsein, das ermessen kann, wie immer rascher die Jahre aufeinander folgen, wenn man aus seiner Jugend hinausgegangen ist, aber in der Kindheit war jedes einzelne Jahr ein langer Zeitraum und wenige Jahre kamen einem vor wie heute viele, und jedes hinter sich gelassene Jahr bedeutete, in einer dialektischen Volte, von der man nun gar nichts ahnte, einen weiten ausgreifenden Schritt nach vorn in das sogenannte Leben hinein – , als meine Großmutter noch lebte, 1960, oder 1961, stützte ich im Sommer oft die Ellbogen auf den von den Sonnenstrahlen erwärmten, sogar heißen grauen Stein des Fenstersimses vor dem Schlafzimmerfenster, legte den Kopf in beide Hände und sah über den Garten und die Straßen und träumte, eines Tages ein Auto zu besitzen und mit meiner Mutter und meiner Oma Ausflüge zu unternehmen; stellte mir vor, wie ich am Steuer sitzen und das Auto, wobei es mir auf die Marke nicht ankam, durch Biberacher Straßen und Städte – die mir noch unbekannt waren, deren Namen ich aber kannte und von denen ich ein paar Fotos irgendwo in einer Zeitschrift, „Stern“ oder „Quick“, die aber bei uns fast niemals herum lagen, aber vielleicht bei Frau H., gesehen hatte – lenken würde; der heiße Sims, über dessen graue rauhe Steinoberfläche ich mit den Fingern strich, wärmte die Ellbogen erst und stach mit einem Mal seine Hitze in die Ellbogenhaut, dann stützte ich mich eine Weile auf die Handflächen, schloß die Augen, die Sonne schien mir auf die Haare, ich imaginierte mit geschlossenen Augen mein Autofahren, stellte mir vor, wie wir die Abreisevorbereitungen trafen, morgens einstiegen, kurvenreiche Landschaften hinter uns ließen, anhielten, wo es etwas Interessantes zu besichtigen gab, herumspazierten, einen Kuchen essen würden, wieder einstiegen und so durch Sommertage reisten; das war eine angenehme innere Welt. Nach dem Tod meiner Großmutter hörten diese Phantasien auf, und ich stützte auch nicht mehr die Ellbogen auf den sommerlich heißen Fenstersims. Ich fuhr auch in meinem ganzen Leben kein Auto.

- Der sonst schöne Tag hatte eine Neigung zu Schauern; nach 13 Uhr fiel der erste kurze, am späten Nachmittag der zweite, schon längere, bis der dritte, von einem nicht sehr ausgiebigen Gewitter begleitet, ein Hagelschauer war, der in die Stadt, jedenfalls den Bezirk Mitte, sehr dünne weißliche Pfeile schoß, hinter dem sofort wieder das Sonnenlicht strahlend herein zog.
31.5.2002

30
Mai

30.5.2002

Ungefähr in jener Lebenszeit, in der ich diese Comics mochte, spannte ich einmal unter der Woche, wenn der Mai seine letzten Tage verlor, der Juni wärmere versprach, die flache Trommel der Schützentrommler auf den Gepäckständer des blauen Fahrrads, und Helmut K. und Heinz-Wolfgang B., die vor dem Haus auf der Straße auf ihren Rädern warteten, und ich flitzten die Gaisentalstraße, den Bismarckring bis zur Kreuzung mit der Ulmer Tor-Straße hinunter, wir fuhren nach links in diese hinein, an der Post vorbei, über den „Eselsberg“, die Straßenbrücke, die die Bahnlinie (Ulm – Friedrichshafen) überquert, im Bogen nach rechts auf die Memminger Straße, und hinter dem Freibad, dessen Wasser mich kühl ließen, wieder nach links einen steinigen, sandigen Feldweg hinauf zum Fohrhäldele, einem Waldstreifen auf Dreiviertel der Anhöhe; dort übten Schützentrommler und Schützenpfeifer ihre Märsche ein, die, Ende Mai, Anfang Juni, schon ganz gut „saßen“, wenn auch noch nicht zum völligen Wohlgefallen von „Herrn Kehle“, wie der mittelalte, mittelgroße Mann, gewöhnlich in einen nicht mehr ganz neuen Anzug gekleidet, im Dialekt der Jungenzungen angeredet wurde, der seit Jahren damals schon sein Ehrenamt als Ausbilder wahrnahm; der Trommler nur, die Pfeifer hatten einen anderen. „Dô hott’s no Radda“, pflegte er trocken festzustellen, „da hat’s noch Ratten“, wenn die Schlegelschläge nicht rhythmisch exakt auf’s Trommelfell fielen und die Märsche – erster, zweiter, dritter, vierter und Schlegelmarsch, die „Locke“ nicht zu vergessen – nur „gerührt“, unsauber geschlagen hinunter ins Tal klangen. Zunächst brachten die, die mindestens schon das vergangene Jahr getrommelt hatten und „Alde“ genannt wurden, den Neuen, „de Neie“, die jedes Jahr dazu kamen, und „Alde“ verließen den Trommlerzug, das richtige Halten der schweren schwarzen Schlegel zwischen den Fingern bei, Voraussetzung für das korrekte Trommeln, danach die verschiedenen Tricks, wie die Schlegel auf das Fell zu schlagen seien, um bestimmte Schläge hervor zu bringen, die Wirbel ausdauernd und pointiert in die Länge ziehen zu können und was der Trommelkunst noch zu eigen war und ist. Auch meine beiden Freunde und ich waren im zweiten Jahr „Alde“; „de Alde“, wie Herr K., dem ganzen Trupp gerne kundtat, wüßten, wie es dann während der Festtage zuginge, „de Alde“ kennten dies und jenes, „de Alde“ würden ja verstehen, was er meine, wenn ihm ein Witzchen entschlüpft war, das eine gewisse Anzüglichkeit beinhaltete, „de Alde“ grinsten, denn „de Alde“ wußten Bescheid, als Frühpubertierende. Das Proben geschah erst einmal in Grüppchen, die sich zwischen die Bäume des Wäldchens stellten, in dem in jeder Ecke verschiedene Schlagfolgen erschallten und aus dem ein beunruhigendes, dumpfes Dauergeräusch aufstieg; für eine halbe Stunde etwa. Dann traf sich alles vor dem Wäldchen auf dem Weg, nun wurde das Gelernte im Zusammenspiel der ganzen Mannschaft geübt. Die Pfeifer hatten ihren Waldteil, aus dem es zirpte und pfiff, flötete und kreischte, als würde sich ein wild gewordener Schwarm unbekannter Jungvögel in den Federn liegen. Oh ja, wenn dann alle hintereinander in Reih und Glied standen, die Trommler vor den Pfeifern, und loslegten, dann konnte, bei diesem Stand der Übungen, ein unten an der Memminger Straße Vorbeigehender manchmal der Ansicht sein, dort oben fände ein undefinierbares Grummeln mit Rattenfiepen statt. Aber er hätte es freilich besser gewußt: „‘s schützelet“, hätte er gedacht und sich gefreut. Mitte Juni dann marschierten nicht nur die Schützentrommler und -pfeifer übungshalber durch die Randbezirke der Stadt und auch durch deren Gassen, hin und wieder, auch die anderen Gruppen zeigten, noch „in Zivil“ daherkommend, der Feierabendbevölkerung, was sie konnten – WG-Trommler, Schweden, das „Harmonieorchester Gögler“, das neu gegründete Trommler- und Pfeifercorps des „PG“, des Mädchenprogymnasiums, das (wenn’s sein muß, dachten wir 1966, nun bei der „Kleinen Schützenmusik“ unsere Schlegel schwingend) eine Mädchentruppe war; und wenn‘s an einem sonnig-milden Juniabend von fern her aus den vier Himmelsrichtungen spielte, trommelte, pfiff, war jedem, der es hörte, sonnenklar: `s schützelete.
- Ein sonniger und milder Tag, mit schwachem Wind.
30.5.2002

29
Mai

29.5.2002

In der Bürgertumstraße, in Biberach, nicht weit von der Kirche in der Mitte der Stadt entfernt, gab es zu Beginn der sechziger Jahre einen engen Laden, dort, wo seit Jahren und Jahrzehnten wohl schon eine Bäckereifiliale ihre Brote, Brötchen und süßen Stückchen zum täglichen Verzehr verkauft, der Bonbons, Lakritze, Süßigkeiten verschiedener Art und Krimskrams und überhaupt ein buntes, wörtlich sei das zu verstehen, Sortiment an allerlei Kleinwaren feil bot, auch Wundertüten. Die lagen links vom Eingang unter Regalen. Wenn das Taschengeld reichte, betrat ich den Laden und kramte in der Anzahl von Wundertüten, in denen, so viel war klar, Comics steckten, aber welche? Der Laden hatte – so war es doch? – Comicwundertüten und normale, in den normalen war allerhand Tand, Kinderspielzeug en miniature und Ähnliches, eingepackt. Ich versuchte durch Betasten der Wundertüte herauszufinden, wie groß der Inhalt der Comictüten etwa war, denn an der Größe konnte ich ahnen, aus welchen Serien das Heft war, das hervor zu ziehen, nach dem Kauf der flachen Tüte, auch eine nicht so begehrte, nicht so wunderbare Überraschung bereiten konnte. Ich hatte Favoriten, nahm aber auch zweitklassige Wunder gern an. „Sigurd“, „Falk“, „Nick der Weltraumfahrer“, die Favoriten, waren „Piccolos“, kleinformatige streifenartige Heftchen, und besonders begehrt „Sigurd“, der mittelalterliche Ritter, der seine Kämpfe gegen Unholde und schurkische Verräter focht, der interessanteste Held; nicht nur für mich. Obwohl – „Falk“ war auch nicht schlecht, auch er ein guter Held und Ritter. Er war dunkelhaarig und nicht blond wie der Falk, mit dem ich im nächsten Jahrzehnt befreundet sein sollte. „Sigurd“ hatte, später urteilte man über diese Serie auch so, als die Preise für sie auf Händlermessen in beachtliche Höhen stiegen, Kultstatus, nur kannten wir diesen Begriff natürlich nicht. „Sigurd“ war in den Fünfzigern des 20. Jahrhunderts einer der berühmtesten und beliebtesten Comicserienhelden. Die „Meteor“-Hefte, im Format etwas kleiner als Schulhefte, boten Weltraumabenteuer; wie „Nick der Weltraumfahrer“ (eine „Piccolo“-Serie), der war ein bißchen naiv. Die „Meteor“-Serie war im Original eine französische; der Zeichenstil gefiel mir nicht übel. Immer wieder klafften Lücken im Erzählfluß, weil mir nächstfolgende Hefte nicht in die Hände fielen. Ich verschlang sie unten im Fahrrad- und Abstellraum des Lindelestraßenhauses, heimlich, versteht sich, denn meine Mutter wollte nicht, daß ich solchen Schund las; und diese Heftchen waren für sie Schund, doch die „Micky Maus“- und „Fix und Foxi“-Hefte hatte sie mir, als ich noch kleiner gewesen war, selbst gekauft, die hatte ich, wenn ich mit Mumps oder erkältet mit Fieber im Bett lag, sehr gern gelesen und betrachtet. Donald, der ewige Verlierer, war immer eine meiner Lieblingsfiguren in meinem Kindercomickosmos gewesen. Manchmal zog ich aus der Wundertüte auch ein „Flash Gordon“-Heft, alles wurde verinnerlicht. Auch durch diese „utopischen“ Heftchenserien wuchs allmählich die Faszination an diesem Erzählrahmen, an solchem Design der technischen Utopie. So wird man Science Fiction-Leser. Mir ist schleierhaft, warum ich die Heftchen nicht mehr habe. Kam meine Mutter mir auf die Schliche, hatte sie sie in den Schubladen eines vergammelten Küchenschranks, der im Abstellraum an der Wand stand, entdeckt und vernichtet? Wann hätte das geschehen können? Eines Tages waren die Heftchen nicht mehr an ihrem Ort, wahrscheinlich ärgerte ich mich darüber, dann vergaß ich sie. In den Achtzigern erinnerte ich mich an sie und ärgerte mich wieder, denn diese Schwarzweiß-Comics (nur ihre Titelblätter waren farbig) hätten mir, der ich permanent Geld brauchte, ein Sümmchen einbringen mögen.
- Ein sonniger, freundlicher, frischwindiger Tag, trotz der Verschattungen da und dort, und nicht so kühl wie der gestrige.
29.5.2002

28
Mai

28.5.2002

Ein Abend im voll aufgeblühten Frühling, in den letzten Tagen des Mai; vor einundzwanzig Uhr oder ein paar Minuten danach; ich trete aus dem Haus, gehe die Treppe hinunter, über den Weg zum Gartentörchen, an dem innen die beiden Briefkästen hängen, ziehe das Törchen auf, hinter mir zu, gehe in meinem weißen Mantel, trage vielleicht seit ein paar Tagen die rote Hose, die aber den typischen Jeans nicht ähnelt, sondern einen anderen Schnitt hat, deren Hosenbeine unten auch nicht gar so weit sind, wie es der jungen Mode der Zeit sonst entspricht, die nur bequem über die schwarzen Stiefel mit den Plateausohlen fallen. Unter dem weißen Mantel habe ich die weiße enge Jeansjacke an, zu der ich auch eine passende Jeanshose habe (die aber in der Reinigung ist), in der linken Brusttasche des Jäckchens steckt die angebrochene Zigarettenschachtel der Marke „Players“ vielleicht, oder „Nil“, nach der ich jetzt, ich gehe den steileren Weg zur Gaisentalstraße hinunter, mit einer schon fast unbewußt ausgeführten Arm- und Handbewegung der rechten Hand greife. Der Regen, der für zwei Stunden in den Abend hinein gefallen ist, hat sich nach Osten weiterbewegt, vom leichten Wind – jetzt leichten, vorhin stärkeren – aus dem Westen vom frühnächtlichen Himmel vertrieben; hat die Luft gereinigt, ein wenig aufgefrischt, sie trägt noch etwas Wärme, so gehe ich mit offenem Mantel über die Straße und auf den Weg, der sich im Wäldchen zwischen dem Hang, den der flache Gigelberg hier bildet, und der lang gezogenen Gaisentalstraße in flacher Neigung mit wenigen sanften Kurven zum Stadtinneren hinabschlängelt. Ich bleibe stehen, zünde die Zigarette mit dem Flämmchen aus einem Feuerzeug an, inhaliere den ersten Zug, während ich, den Stockschirm in der Linken, voran spaziere. In jenen Jahren Mitte der Siebziger trage ich nur selten Kopfbedeckungen. Ich habe einen alten Borsalino, den ich mir nur manchmal auf den Kopf setze. Das dunkle Grün der Blätter über mir rauscht in den Bäumen, durch die, von oben, von Blatt zu Blatt, Regentropfen rinnen, leise und beruhigend, dann wieder heftiger, fast aufbrausend, wenn eine späte Böe doch noch in die Wipfel greift und sie schüttelt und das Naß, das dort oben haftet, über’s dichte Gesträuch entlang des Gehweges und auf ihn streut. Jemand kommt mir im Halbdunkel des Weges, das in Abständen von Laternen aufgehellt wird, entgegen, strebt hinauf zu den westlichen Stadtteilen, zum Gaisental, zum Weißen Bild oder zum Lindele, oder zum neu entstandenen Stadtbereich hinter dem Lindele, der mir gar nicht vertraut ist. Ein kurzer Blick zeigt mir kein bekanntes Gesicht, dann sind wir aneinander vorüber gegangen. Ich rauche, ich habe den Zigarettenrauch und -geschmack in Nase und Mund, ich habe etwas Alkohol im Kopf, eben so viel, um nicht ganz nüchtern in den „Strauß“ hineinzugehen; ich denke über etwas nach, vielleicht habe ich gelesen, etwas Literarisches oder Politisches, oder ich frage mich, wer im „Strauß“ sitzen wird; ich werde mich unterhalten, aber mit wem? Ich gehe aus dem Wäldchen hinaus, vorbei an den Findlingssteinen, auf denen ich als Grundschüler turnte und kletterte und die an manchen Stellen blank poliert sind, weil eine Menge Jahrgänge von Kindern an ihnen hinunter rutschten; rechts steht ein besonders großer Brocken mit einer ovalen eingearbeiteten Metalltafel auf seiner Vorderseite, die ein großes Medaillon sein könnte, wenn Medaillons so groß wären: das Bismarckdenkmal, denn hier beginnt der Bismarckring. Schräg gegenüber auf der andern Straßenseite steht das Haus, in dem Falk und Gerd und andere wohnen; ein verwilderter Garten, im Licht der Laternen der Kreuzung, die Bismarckring, Mondstraße, Birkenharder Strauße und Gaisentalstraße formen, eher zu erahnen als zu sehen, schließt das Grundstück nach Westen ab und nach Osten hin liegen die Gebäude des Autohauses M., und das gesamte Gelände gehört U.G., einem meiner Bekannten. Die Fenster im Erdgeschoß sind nicht erleuchtet: Hinweis darauf, daß die Bewohner nicht in ihren Zimmern sind. Ich vermute also, sie sind im „Strauß“. Rechts steigt der Hang zum Gigelberg jetzt steil auf, der unerhellte Riegel der Schützenkellerhalle mit ihrem runden Pavillon wirkt wie in den Berg gedrückt, weiter vorn, auf der kleinen Hoch- oder Zwischenfläche auf dem Weg nach ganz oben, Licht in Fenstern der Gaststätte „Schützenkeller“. Autos fahren mit dem Geräusch nasser Reifen auf feuchten Straßen vorüber, die Strahlen aus ihren Scheinwerfern lassen den Asphalt glänzen und spiegeln; die Fords oder Opels oder VWs biegen vorne nach rechts in die Wielandstraße ein oder rollen geradeaus auf dem Bismarckring weiter, wo sie in einer Minute am Betriebsgelände von „Kaltenbach & Voigt“ vorbeikommen werden; ihre roten Rücklichter verblassen im Regendunst, der sehr fein und – nicht wegen der Dunkelheit – unsichtbar in der Luft schwebt. Um diese Uhrzeit ist Biberach schon still. Auch ich gehe nach rechts ab. Der „Strauß“ liegt am anderen Ende der Straße, die vier Fenster der Nordseite des Gastraums sind unscharfe helle Flecken. Hier ist die Stadt belebter. Passanten kommen einzeln oder zu zweit aus den anderen Straßen, die in die Wielandstraße münden, mir entgegen, oder sie gehen, schlendern, jeder hat seine Gangart, auf die Consulentengasse zu, wie ich, zum Marktplatz, zum „Rebstock“ , zu einem Haus in der innern Stadt, in dem sie wohnen. Ich aber setze den Fuß in die Türöffnung, die die offen stehende, an der Wand befestigte Eingangstür des „Strauß“ bietet, öffne die zweite Tür zum Gastraum, aus dem mir – wie vertraut doch diese Mischung aus Geräuschen und Tönen ist!; und tatsächlich spielt die Musikbox „Black Magic Woman“ von Santana ... – ein milder Kneipenhauch entgegen strömt, der wieder einen guten Abend im Jahr 1974 verspricht.
- Regnerisch grau; unter dem gleichmäßigen hellen Grau einer oberen Wolkenschicht lange dunklere Streifen und Flächen, die als einzelne Wolken kaum von der oberen Wolkendecke zu unterscheiden waren. Nur am späten Nachmittag für eine kleine Zeit etwas Sonnenlicht, das bald verschluckt wurde.
28.5.2002

26
Mai

26.5.2002

Als ich die Schneiderwerkstatt wieder betreten hatte, schlug W. eine Abänderung im Entwurf vor, mit der ich einverstanden sein konnte. Ich leistete eine Anzahlung. Falk und Gerd hielten inzwischen von unserer Kneipenidee eines Gemeinschaftsauftritts nicht mehr viel und nahmen davon Abstand, sie mit Bestellungen von Mänteln in die Tat umzusetzen; ich hatte es vermutet. Aber mir war ein exklusives „Modellmäntele“, wie Barbara, die „Strauß“-Wirtin, dann einmal, mit zartester Ironie nur, sagte, die etwa 400 Mark wert, die das gute Stück zwei Wochen nach der Anprobe kostete. Die eine Hälfte des Betrags konnte ich aufbringen, die andere steuerte meine Mutter bei. Der Mantel kleidete mich vorzüglich. Er war etwas kürzer als die weiten Schlabbermäntel der Kinoschurken, Kinohelden, so erkannte, was auch mir lieb war, niemand die ursprüngliche Absicht, aus der heraus er entstanden war. So weiß ummantelt schritt ich bis in die achtziger Jahre durch Biberach. Ich trug einen klasse Mantel, wie es ihn kein zweites Mal gab, in Biberach sowieso nicht, auch in Oberschwaben, Schwaben, in Baden-Württemberg nicht, nirgends. Er war eben ein Unikat. Er machte Eindruck. „Der Klaus sieht so großstädtisch in seinem Mantel aus“, sagte der Vater von Helmut K., sagte mir meine Mutter, Jahre danach. „Der rennt rum wie der Papst“, habe jemand zu einem meiner Bekannten gesagt, was dieser mir, später, zutrug. Kleider machen Leute. Ich trug meine dunklen Haare längst wieder sehr lang, einen Schnauzer, den weißen Mantel. Auch den hatte ich nötig. Auch Stuttgarter kamen dann in den Genuß dieses Anblicks. Der Mantel war okay. 1984 war ich in ihm noch ein paar Mal zu sehen, danach legte ich ihn ab. Ich habe ihn noch. Kleine Stockflecken beeinträchtigen das nicht ganz weiße Weiß des haltbaren Stoffes vom Schneider Wagenhals. Aber nicht wegen der Flecken ziehe ich ihn nicht mehr an. Er ist ein Signifikant meines Lebens in den Siebzigern, ich käme mir komisch vor, in des Wortes eigentlicher Bedeutung, würde ich in ihm durch Berlin-Mitte gehen. Vielleicht sollte ich das aber einmal ausprobieren; auf die eine oder andere Weise würde er mir sofort wieder Aufmerksamkeit zufallen lassen. Ich weiß aber nicht, ob mir überhaupt eine der Weisen, welche auch immer, gefiele.
- Regnerischer Tag, mit Nieselregen, der sich nie erhellte; der Tag.
26.5.2002

25
Mai

25.5.2002

Im Frühjahr `74 ließ ich den weißen Mantel machen. Das hatte mit den Spätwestern von Leone, Corbucci, Peckinpah zu tun. In ihren Filmen – „Spiel mir das Lied vom Tod“, „Leichen pflastern seinen Weg“, „The Wild Bunch“ – trugen Gute wie Böse, eher die Bösen, lange braune oder beige Staubmäntel. Die Beigen traten eher in den Parodien auf diese Western auf, in den Westernkomödien mit Terence Hill und Bud Spencer. Die sahen wir auch, im „Ringtheater“, denn die Kinobetriebe K. an der Waldseer Straße arbeiteten mit den Verleihen, die diese Filme in die Kinos brachten, nicht zusammen. Falk, Gerd und ich amüsierten uns nach den Vorstellungen (in rascher Folge wurden diese Verjuxungen der todernst, im wörtlichen Sinn, gemeinten „Spätwestern“ Anfang der Siebziger gedreht) im „Strauß“ über die blöden Sprüche, die so „cool“ – das Wort war noch nicht so sehr in Mode wie heute, da jeder Hennenfurz für cool erklärt wird – von der Kinobildwand kamen. „Rauch `ne Zigarre, kannst du besser kacken“; bezeichnenderweise fällt mir nur dieser Spruch ein ..., den Falk gerne zitierte, womit ich ihm – wo steckt er?! – nichts unterstellen möchte; sozusagen ... Bei Bier (für Gerd und mich) und Zigaretten (für Falk und mich) im „Strauß“ gewannen wir eines Abends Gefallen an der Idee, uns solche Westernmäntel anfertigen zu lassen und in ihnen in Dreierformation nebeneinander durch die Altstadtgassen zu schreiten, wiegenden Schritts. (Gerd K., den engsten Freund von Falk B., hatte ich ein Jahr zuvor, während der Zivildienstzeit, kennen gelernt; einen hoch gewachsenen schlanken Typ, gut aussehend, lange gepflegte Haare, die auch ihm in leichten Wellen über die Schultern fielen. Er stammte aus Wuppertal, was mich, als Falk mir das sagte, unverzüglich an eine Mitfahrgelegenheit denken ließ, denn in Wuppertal stand eine SFT-Konferenz an. Außerdem hatte ich Wuppertal-Elberfeld schon 1971, irgendwann einige Zeit nach dem Abitur, besucht, das heißt: Ronald M. Hahn, der mit seiner jungen Frau noch nicht dort gewohnt hatte, wo er nun unverrückbar seit dreißig Jahren wohnt. War in der Schwebebahn gefahren. Erzählte Gerd K. an einem Abend im „Strauß“ vom „Waldschlößchen“ auf einer Anhöhe über dem Wuppertaler Tal. Dort hatten wir SFT-ler gesessen, die nächsten Ausgaben konzipiert. Er fuhr aber nicht zu seinen Eltern, ich nahm den Zug.)
Mit einer Skizze des Mantels ging ich zum Schneider Wagenhals am Kirchplatz, zwei Stufen hinunter in seine zwei kleinen Räume, dem Kirchenschiff genau gegenüber, von ihm durch den Platz getrennt, und bestellte das Teil. W. war ein kleiner älterer Herr mit höflichen Manieren und einer knubbeligen Nase im gefurchten, runden Gesicht. Ich erklärte ihm meine Vorstellungen. Er zeigte mir Stoffe. Ich wählte einen ziemlich hellen und festen. Er nahm meine Maße und sagte, ich solle in einer Woche hereinschauen.
- Wechselhaftes Wetter; vormittags graue Wolken, dann sonnig, nachmittags Eintrübung und dann Regen, der nicht für lange fiel; spät in der Nacht erst wieder. Feucht-warm die Luft.
25.5.2002

24
Mai

24.5.2002

Wie man sich vielleicht erinnert, hatte Horst P. im Sommer 1971 mit dem Referat über die DKP in der Wohnung am Alten Postplatz die Absicht, nach dem vorauszusehenden Niedergang des Republikanischen Clubs einen weiteren Versuch, linke „Positionen“ in Biberach zu etablieren, in wesentlicher Weise befördert. In den Jahren danach besuchte ich Horst und Sylvia P. einige Male in Düsseldorf; meistens, wenn die „Science Fiction Times“ ihre Redaktionskonferenzen in Düsseldorf, Wuppertal, Hamm abhielt. Ich erweiterte meine Aufenthalte, zu denen ich mit dem Zug fuhr, um zwei oder drei Tage als Gast der beiden in ihrer Zwei-Zimmer-Dachwohnung in Düsseldorf-Bilk. Sie standen noch in ihren Hauptberufen; Horst P., mittel-große, ein wenig korpulent wirkend, energisch, zwei Jahre älter als ich, mit einem nicht sehr auffälligen Seehundsbärtchen über den vollen Lippen im eher runden Gesicht, hatte sehr dezidierte Ansichten über linke Politik im allgemeinen und über Literatur im besonderen und litt noch in einem Büro eines Versicherungsunternehmens, hatte aber seit einigen Jahren schon professionelle Übersetzungen von angloamerikanischen Science Fiction-Romanen und -stories für verschiedene Verlage, die in diesem Genre Geschäfte machten, geliefert und selbst Stories geschrieben, mit dem erklärten Ziel, das zu seinem Beruf zu machen, von dem zu leben wäre; Sylvia P., eine füllige Dunkelblonde, Romanistin aus dem Badischen, unterrichtete Französisch und ein zusätzliches Fach an einem Gymnasium in Duisburg, und deshalb sah ich die ATH, die wohl die „A. Thyssen Hütte“ sein sollte?, in meinen Worten auf der Karte an Schmidt (wofür steht, stand, das „A“ ?), aber aus der Ferne nur und doch sehr nah wirkend, in der schmutzigen Monumentalität ihrer Industriebauten, die über die Häuser von Duisburg-Harburg drohten. Ich schmeckte, als wir dem Auto entstiegen und ein paar Minuten durch die Straße gegangen waren, bald den mir ungewöhnlichen Staub- und Rußgeschmack im Mund; in Biberach war die Luft wahrlich besser. Waren nur S. und ich nach Duisburg gefahren, oder war H. dabei, mit dem ich, während seine Frau den Schuldienst beginnen mußte, dann in eine Kneipe hockte und Altbier trank? Einmal auf jeden Fall saßen er und ich in solch einer Kneipe an einer Industrielandschaftsstraße und warteten auf sie. Vielleicht im Jahr davor? Als ich die gescannte Karte angesehen habe, habe ich mich gewundert, daß ich Ende März 1974 in Düsseldorf gewesen sein soll. Also am Ende eines Winters, jenes, in dem der Club Impuls meine Zeit (auch) in Anspruch nahm, war ich unterwegs ...? Am 27. März war ich in Düsseldorf, zwei Tage später saß ich in Biberach in der ersten Vorstellung unserer Club Impuls-Filme im „Urania“-Kino. Hätte Schmidt nicht diese Postkarte gefunden, ich würde mich nie daran erinnert haben. Nun, da ich sie „wieder gefunden“ habe, weiß ich, daß ich in einer der Messehallen ein Stück von einer sowjetischen Rakete, Raumschiffrakete, sah, aber nur das weiß ich mit Bestimmtheit, und für die Äußerung, dieses Stück Raumschiff sei eine gebrauchte Sojus-Kapsel gewesen, würde ich im Augenblick nicht die Hand ins Feuer legen, das solche Raketen beim Start produzieren. Und womöglich war dieses Stück sowjetsozialistischer Raumfahrttechnologie nicht das einzige weltraumspezifische Exponat dort, und die Präsentation einer Reihe von diesen Dingen hatte uns, die wir ja häufig mit Science Fiction und Wissenschaftlicher Phantastik (wie die Literaturgattung im östlich-offiziellen Literaturjargon hieß) und kosmischen Ereignissen zu tun hatten, erst zum Besuch dieser Ausstellung veranlaßt? Und wer war der „große Meister“? Herbert Mies, der DKP-Vorsitzende, der sozusagen zwangsläufig einmal durch die Ausstellung zu gehen hatte? Möglich, daß die ironische Bezeichnung ihm galt. Möglich aber auch, daß es während jenes Märzbesuchs bei den P. – aus nur freundschaftlichem Grund oder wegen einer SFT-Konferenz, die wieder einmal in Düsseldorf oder Wuppertal stattfand? – war, als ich, obwohl Düsseldorf die Stadt Heines ist, das Goethe-Museum besuchte, und G. gemeint war. Doch nun bin ich mir fast sicher, daß dieser Museumsbesuch zu einem anderen Zeitpunkt stattfand. Hier häufen sich die Fragen und die Antworten, die ein verunklartes Erinnerungsvermögen geben kann, lassen zu wünschen übrig. Daß meine Erinnerungen klarer würden. Denn viele Altbiere mit „Samtkragen“, der Düsseldorfer Schnapspezialität, sind vermutlich auch die Ursache, nicht nur die viele vergangene Zeit, dafür, daß sich diese Begebenheiten nicht deutlicher in die Neuronen einschrieben und fortgeschwemmt wurden; nur Strandgut blieb auf den Sandbänken jener Jahre zurück, auf denen die Fußspuren meiner Irrungen und Wirrungen allmählich verweht werden.
- Mit Regenwolken begann der Tag, die auch bis zum Nachmittag blieben. Dann drang das wärmende Sonnenlicht wieder durch die abschirmenden Schichten; aber der Abend war etwas kühl; angenehm.
24.5.2002
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

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