3
Sep

3.9.2002

Im Frühjahr 1978 war ich schon sechsundzwanzig Jahre alt und die Frage „Wie geht es weiter?“ baute sich vor mir auf. Ich nahm sie nicht sonderlich ernst, überlegte mir jedoch, daß ich vielleicht etwas aus meinem schon vieljährigen Interesse für „Film“ machen könnte. Ich forderte mit einem Brief vom 26.10.1978 die Bewerbungsunterlagen der Filmhochschulen in München und Berlin an und mahnte sie, weil sie nicht kamen, am 1.1. und 24.1.1979 noch einmal an. Die Papiere trudelten endlich ein und ich „bearbeitete“ sie, fotografierte das Pissoir im „Alten Haus“; es war wohl irgendetwas Schwules, wofür dieses Pissoir in Biberach gar nicht geeignet war ... Eine Geschichte in zwanzig Fotos oder weniger entstand; die gefiel aber in München nicht und die Texte zu anderen Themen (insgesamt war da wohl auf vier „Themenschwerpunkte“ einzugehen) gerieten bestimmt auch nicht nach den Vorstellungen des dort auswählenden Gremiums. Im Juli kam die Ablehnung. Ich saß in meinem schmalen Zimmer in der Hermann-Volz-Straße und zuckte mit den Schultern. Dann nicht. Ich trank weiterhin Wein und Whisky und marschierte jeden Abend „in die Stadt“ hinunter, zum „Alten Haus“, dessen Namen sich von der grauen unansehnlichen Fassade herleitete, und stellte mich dort an den Tresen. Friedel, der noch junge Wirt, Ende Zwanzig, kannte mich als guten Gast. Fast alle, mit denen ich damals Umgang hatte, gingen inzwischen in diese Kneipe. Sie blieb mein Stammlokal bis 1982.
Irgendwann 1979 verlangte ich dann die Unterlagen der DFFB in Berlin, die wurden mir zwei Monate später zugeschickt. Die Themata, die in Berlin für zeitgenössische gehalten wurden, waren – ganz beendet waren die Siebziger noch nicht – gesellschaftskritisch getönt. Ich schrieb meine Meinung über Fassbinders „In einem Jahr mit dreizehn Monden“ auf ein paar Seiten und füllte auch alles andere aus. Ich würde diesen Text über den Fassbinder-Film nun gerne einfügen, finde ihn aber zur Stunde nicht. Stattdessen fällt mir ein Brief von H.J. Alpers vom 23.5.1979 in die Hände, in dem er auf meine Anfrage – die Verbindung zur den Science Fiction-Kritikern und -schreibern war noch nicht völlig abgerissen und blieb konstanter, als ich vor einigen Monaten zu wissen glaubte –, ob er mir in seiner Eigenschaft als Herausgeber für einen bestimmten Verlag Übersetzungsaufträge vermitteln könne, mitteilt, sein Mitarbeiterstamm reiche aus; „immerhin, wie der Zufall es will, habe ich gerade jetzt ein paar Stories, die SCHNELL übersetzt werden müssen. Ich sende Dir deshalb beiliegend: FOUND (Asimov), CHIMERA (Buckley), THE TAXMAN (Robinett) ....“ Ich machte mich an die Arbeit. Als ich damit fertig war – manche Zeilen hatte ich im Vorführraum des „Urania“-Kinos auf’s Papier gekritzelt – brachte mir der Postmann den ablehnenden Bescheid aus Berlin. „Irgendwann“, das schwor ich mir, „mache ich doch noch einen Film!“
- Das Hochdruckgebiet bleibt über Berlin.
3.9.2002
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

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Als Biberacher, der K.D. kannte und als bekennender...
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