13.7.2002
Im Frühling von 1973 hatte ich Herbert im „Strauß“ kennengelernt. Mit seiner damaligen Freundin habe er, so erzählte mir Manfred eines Tages in den Jahrzehnten, die wir befreundet sind, am Nebentisch im „Strauß“ unbeabsichtigt zugehört, wie Falk zu jemandem – bestimmt nicht zu mir – etwas über einen Film gesagt habe, was Herbert geärgert habe, und deshalb habe er sich umgedreht und Falk seine Meinung über dessen Meinung zu verstehen gegeben. So seien diese beiden miteinander ins Gespräch geraten, Herbert seit diesem Moment zum Freundeskreis gestoßen, und wie es sich dann ergeben hatte, war er auch mir kein Unbekannter mehr geblieben. Er trug gerne eine alte dunkelgrüne, alligatorgrüne, Lederjacke, für die allerdings sicherlich keines dieser Reptilien sein Leben hatte hergeben müssen. Seine sehr dunklen Haare trug er sehr lang, sie fielen weit über die Jackenschultern herab. Ein Vollbart zierte das ausdrucksstarke Gesicht. Modische Stiefel unter meistens dunkelgrünen Hosen vervollständigten sein insgesamt ein wenig düsteres Erscheinungsbild; Charakter und Bewußtsein entsprachen dieser äußerlichen Tarnung jedoch überhaupt nicht, er war lebhaft, musisch, literarisch auf der Höhe der Zeit und in seinen Ansichten klar und bestimmt. Später – diese Zeitbestimmung wird noch öfter hier seine vage Funktion haben – wies er mich auf Ernst Jandl hin, und auf Leo Navratil, der in Wien Schreibtherapien für psychisch erkrankte Menschen unternahm; sehr viel später, und dieses Mal kann ich den Zeitraum, in dem dies „später“ sich ausbreitete, genau mit den Jahren 1994 bis 1998 angeben, ergab es sich in Biberach, daß ich, nachdem ich erste Texte von drei Schreibenden aus dem Umkreis einer psychosozialen Begegnungsstätte gelesen hatte, mich für solche Texte zu interessieren begann; eine fast monatlich sich treffende Gruppe entstand dann, die, nach gewisser Konsolidierung und Bearbeitung der Texte, auch öffentliche Lesungen stattfinden lassen konnte. Das lag ungekannt in den unbekannten Jahren einer Zukunft, als ich mit Herbert und den anderen oft im „Strauß“ und „Rebstock“ saß, Trollinger-Wein schlürfte und das exzellente warme Käsbrot mit Ei eben im „Rebstock“ verzehrte, die Spezialität des Hauses, die mit Silberbesteck zu sich genommen wurde, die Lena, die ältere Schwester der Wirtin Frau Tina Baur, in der Küche hinter dem kleinen Tresen zubereitet hatte. Auch das Käsbrot im „Rebstock“, gibt es in Biberach an der Riß schon lange nicht mehr, liegt mir nur noch als kulinarische Geschmackserinnerung auf der Zunge und wird wohl noch eine, wenn nicht mehrere „Rebstock“-Evokationen in mir aufsteigen lassen.
- Vormittagssonnig und sehr warm, nachmittags zog der Himmel sich zu, es blieb schwül.
13.7.2002
- Vormittagssonnig und sehr warm, nachmittags zog der Himmel sich zu, es blieb schwül.
13.7.2002
13.07.