5.7.2002
Nach dem Bunten Zug am Montag, der von den Schülerinnen und Schülern – heutzutage muß man so korrekt schreiben – der verschiedenen Lehranstalten bestritten wird und in dem immer, zumindest kenne ich es nicht anders, auf aktuelle Weise Schule und Schülersein in den Zusammenhang mit kürzlich medial verbreiteten wichtigeren Ereignissen, überregionalen und überparteilichen, „bunt“ und nicht ohne Phantasie, die sich in witzigen Kostümierungen ausdrücken darf, allerdings in diesem Umzug nicht historisierend, gebracht werden, gibt es die schöne Sitte der „Ziehung“ in der alten Gigelberghalle, über deren Nebeneingang – Haupteingang während der Zeremonie – breit das alte Schild mit dem altväterlichen Spruch in nicht ganz geglücktem Reim „Laßt sorgenlos die Kindlein spielen, eh‘ sie den Ernst des Lebens fühlen“ prangt. (Wir haben inzwischen wohl auch die sinnreiche Folge der beiden Hauptumzüge erkannt: wie der Bunte Zug, der die Kinder und Erwachsenen, nicht nur die Eltern, in ihrer jeweils heutigen, man könnte feststellen: Tageslage zeigt, ganz dem Präsens oder höchstens seinem Perfekt zugewandt, was das Bewußtsein für Hier und Jetzt zum Ausdruck bringt und die Nützlichkeit, die durch Ironisierungen noch eine spezielle Selbstsicherheit erhält, bestärkt – und wie daraufhin, am nächsten Tag, nun weniger den Kindern, sondern eher den zusehenden Älteren, durch das Defilée der früheren Zeiten, der vor Zeiten lebenden Protagonisten, die Alterung auch der Jüngeren und des Jungen, Zeitgenössischen, anschaulich, wenn auch durch den geschichtlichen Abstand, der aber schon gar nicht mehr ganz bewußt wahrgenommen wird, weil er so groß zu sein scheint, getrennt, an den Augen vorübergeführt wird; zumal ja auch der Schülerumzug schon vor einem Tag gewesen ist.) Die „Ziehung“ war, vor zweihundert Jahren, und um ein Jahr mehr oder weniger dürfte es uns, nach der parenthetischen Zwischenbemerkung, hier auch gar nicht ankommen, die philantropische Erfindung eines Biberacher Bürgers, des Apothekers Stecher, gewesen. Sie ist eine Lotterie ohne Einsatz; everyone’s a winner, babe, und das ist auch gut so. Blumentöpfe, Schmalzhafen und Schuhputzzeug für die Buben und mehr vom Nützlichen gab’s früher, heute nehmen die mit den besseren Losergebnissen auch teurere Dinge mit nach Hause. Ich gewann, 1963, keinen Hauptpreis, nur eine Dauerwurst, eine Elle war sie lang, die hielt ich vor dem Gartentörchen des Lindelestraßenhauses linkisch in die Höh‘, als meine Mutter dieses exorbitante Stück Wurst und mich für die Nachwelt fotografierte. Noch andere lokale Gebräuche gäbe es zu vermelden, so das „Biberschießen“, bei dem die – seit 1976 auch weibliche – Schülerschaft oberer Klassen mit Armbrustpfeilen auf das gelb gemalte Wappentier, das hat Krallen und Krone, steht aufgerichtet in der runden Scheibe, des Städtchens schießt; Schützenkönigin und -könig dürfen am nächsten Tag im G.H.F. aufgrund ihrer Leistung, die säuberlich in den Annalen vermerkt wird, mitspazieren; manchmal tragen auch die WG-Trommler sie auf den jungmännlichen Schultern. Aber ich schließe diesen geschichtlichen Teil ab.
- Unentschlossene Himmelsgestaltung, Wolken, Sonne, dann und wann trüb, letztlich aber, abends, schönes Sommerwetter.
5.7.2002
- Unentschlossene Himmelsgestaltung, Wolken, Sonne, dann und wann trüb, letztlich aber, abends, schönes Sommerwetter.
5.7.2002
05.07.