4
Jul

4.7.2002

Die „Schwaaz Vere“-Gruppe (auch so die Schreibweise) wurde aber erst zu Anfang der Siebziger in den Großen H.F. integriert. Der Schwarze Vere, um sofort auf ihn zu kommen, war im zweiten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts für zwei Jahre das berüchtigte Oberhaupt einer Bande von „Landstreichern“ und Räubern gewesen; er hatte pechschwarze Locken gehabt, war vor der Gerichtsbarkeit des schwäbischen Oberlands dringend flüchtig, und dann war er auch gefaßt und im „Ehinger Turm“ zu Biberach, der längst zum Grunde ging, eingekerkert worden. Der Sage nach wurde er dort in Eisen gelegt und vom Blitzschlag, der in den Turm gefahren sei, getötet. Er war eine der berühmten fragwürdigen Figuren seiner nachnapoleonischen, seiner königlich-württembergischen Zeit gewesen und gab den Stoff für etliche Bilder – des Biberacher Malers Pflug beispielsweise – und Bücher; auch ich schrieb, in einer Schützenfestzeit, entweder ’73 oder ’74, eine kleine humoristisch eingefärbte Geschichte von ihm, die ich, ziemlich angeheitert, im Kleinbus der Firma „Energie“, die dem Vater meines Nachbarfreundes Heinz-Wolfgang gehörte, in dem in jenem Jahr – H.-W. war einige Jahre zuvor ihr Tambour gewesen – WG-Trommler von Ständchen zu Ständchen kutschiert wurden. (Sie, die sich aus der oberen Biberacher Gesellschaftsschicht rekrutierten, und so ist es geblieben, verhielten sich freilich ein wenig anders als wir braven Kleinen damals ..., und ihr Alkoholkonsum war zuweilen legendär.) Diese Buslesung, auf Tour durch die nachmittägliche Stadt, denn die WG-Trommler trommeln auch noch nach den Umzügen und vor dem „Abtrommeln“, um zu Scheinchen zu kommen, war ein Belustigungserfolg. Leider, das getippte Manuskript, das unvollendete, war schon mit Weinflecken zünftig überzogen, verschwanden diese Seiten schützenfestlich-ironischer Prosa vollständig in den allgemeinen Wirren einer meiner Weinseligkeiten und, sollte es nicht in jenen Tagen gewesen sein, in denen der folgenden. Ich habe mich daran erinnert, als ich vor einigen Tagen im Zug nach Berlin in der Lokalausgabe des bekannten Blatts den Bericht über die „Heimatstunde“ gelesen habe, die am ersten Sonntag der Schützenwoche als Matinée im Stadttheater, seit 1978 im ausladenden Betonklotz der Stadthalle am südlichen Hang des Gigelbergs untergebracht, wenn gespielt wird, oft in szenischer Darbietung aufgeführt wird; „Schurken und Gesindel in Oberschwaben zu Beginn des 19. Jahrhunderts“ ist das diesjährige Thema gewesen. Vielleicht wird ein Publikum des beginnenden 22. Jahrhunderts auch etwas über die des 20. zu sehen und zu hören bekommen.
- Unklare Witterungssituation; bedeckt, dann sonnige Tagesabschnitte; kühl am Morgen, später warm. Viel Wind.
4.7.2002
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

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Als Biberacher, der K.D. kannte und als bekennender...
Tadellöser - 20. Dez, 13:02

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