8
Jun

8.6.2002

Tatsächlich fand einige Zeit danach in der „Galerie Kuckuck“ im stattlichen Elternhaus – oder mütterlichen, denn die Mutter der drei Brüder, die eine Schwester hatten, lebte noch; die Galerie war in früheren Jahrzehnten ihr Milchladen gewesen – Engelgasse 6, einem der ältesten Gebäude des ältesten Stadtteils Weberberg, eine Vernissage statt. Falks Mutter stellte unter ihrem Künstlerinnennamen Gemälde aus, von denen ich nichts im Gedächtnis behalten habe. Sie müssen Leupolz aber gefallen haben, sonst hätte er sie nicht in seine Galerie, die nur ein paar Schritte vom Marktplatz entfernt lag, gelassen. Er malte in kräftig-bunten Ölfarben skurrile Gliederwesen, „Gollywobbles“, und indisch-thailändisch-fernöstlich inspirierte Biberacher historische Häuser und Stadtansichten, originell und einmalig im ganzen Oberschwaben und darüber hinaus, und Kran-Bilder, deren hintergründige Ironie nur einem genauen Betrachter auffiel, für die die Produkte eine ansässigen weltweit operierenden Firma Modell standen. (Die, Jahrzehnte danach, auch beim Wiederaufbau des Potsdamer Platzes eingesetzt wurden. Eines dieser Kran-Bilder hängt als Leihgabe aus dem Nachlaß über meiner Coach.) Seine Galerie hatte er mit weit ausholenden, kreisförmigen, ovalen, zarten, wiederum indisch-östlich anmutenden Wandmalereien ausgeschmückt, nachdem er bei Freund Martin H., dem Kunstmaler, dessen farbig und gleichsam theoretisch grundierte ausgemalte Küche gesehen hatte. Die Innenbemalung vermittelte dem Besucher, der durch eine breite metallene Flügeltür, auch sie außen bunt und schwarz bemalt, den in seiner Grundfläche fast quadratischen Raum erwartungsvoll betrat, den Anflug eines Entrückungsgefühl innerhalb der oberschwäbisch gewohnten Wahrnehmungsverhältnisse; Sensibilität vorausgesetzt. Ich kann mich an kaum etwas von dieser Vernissage erinnern. Der Augenblick, in dem Falk Klaus Leupolz angesprochen hatte, und diese Vernissage waren die beiden einzigen nahen Begegnungen, die ich in den Siebzigern mit Leupolz hatte; er nahm mich während der Ausstellungseröffnung auch nur flüchtig als einen von den vielen Falk-Freunden wahr, und danach hatten wir nichts miteinander zu tun. Erst am Ende des Jahrzehnts, im Herbst 1978, begann unsere Freundschaft und währte bis zu seinem Tod.
- Grau, trüb, regnerisch.
8.6.2002
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

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Als Biberacher, der K.D. kannte und als bekennender...
Tadellöser - 20. Dez, 13:02

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