16.5.2002
In der Realschulzeit holte ich meine Schreib- und Zeichenwerkzeuge, Stifte, Tinte für den Kolbenfüller, Tuschefedern, Hefte, was man als Schüler in seinem „Federmäppchen“ und Ranzen eben haben mußte, im Schreibwarengeschäft „Fuchs“ in der Radgasse, durch die damals der übliche Straßenverkehr schlich. Alle sagten nur „Füchsle“ zu diesem Laden, „gibt’s beim Füchsle“, „hol’s beim Füchsle“. Der Laden war nicht sehr geräumig und niedrig, man stieg zwei oder drei Stufen hinab und mußte sich als Fünfzehnjähriger schon bücken, wollte man sich nicht den Kopf anschlagen. Ein kleiner Mann, vom Alter nicht mehr weit entfernt, kramte und kruschtelte, von einem grauen Mantel umschlabbert, das Gewünschte herbei und plazierte es auf dem kleinen Tresen, auf dem links und rechts, wie das in solchen Läden immer war, kleine Ständer mit kleinen Fächern Platz beanspruchten, in denen Sifte, Radiergummis, Spitzer, all die Hilfsinstrumente für die manuelle Tätigkeit des Schreibens und Malens eben sortiert und griffbereit standen und alles noch enger machten. Rollen bunten Papiers in der einen Ecke, Schulranzen in einer anderen, die Regale, auf denen Hefte in ihren verschiedenen Ausführungen, liniert, unliniert, kariert, mit Notenlinien versehene lagen, große Zeichenblöcke und Din-A-0-Blöcke (von denen sehr viele) lehnten an einer Seite des Raums, und was des Papiers in seinen Variationsmöglichkeiten mehr war. Spitze Bleistifte warteten nicht eben begierig darauf, von adoleszent-feuchten Fingern, „Wichsgriffeln“, wie sie in der Erfahrungswelt pubertierender Knaben hießen, umklammert zu werden; weiche und harte, Buntstifte diverser Marken, „Geha“- und „Pelikan“-Füller. Bunte Zeichenfederhalter, noch ohne unten applizierte Metallfedern daneben, buntes Verschnürmaterial in den Tiefen des Raums, Wasserfarbenkästen, Pinsel, runde, flache, dicke, dünne; pp..Zum „Füchsle“ war ich auch schon in den Grundschuljahren gegangen, der Laden war das nächstliegende Schreibwarengeschäft, und als ich in der Realschule aus- und einging nur ein paar Meter vom Schulhof entfernt. In ihm rauchten wir 1967, nicht jeden Vormittag, während der großen Pausen auch mal eine Zigarette, mit der mehr oder weniger offen hantiert wurde. Dort, wo Herr Fuchs seinen Laden betrieb, den Schülern ein bekannter Mann, serviert 2002 eine Pizzeria ihre flachen belegten Teigwaren. Nebenan befindet sich, vom Schuhhaus Wieland getrennt, das es gab, seit ich durch die Radgasse ging und fuhr, das es noch immer erstaunlicherweise gibt, die Geschäftstelle der Biberacher Ausgabe des „Wochenblatts“, eines Organs der Südwestpresse in Ulm; zu jener Zeit, in der ich im „Füchsle“ die erwähnten Dinge für das Schülerleben erwarb, verkaufte der „Nordsee“-Laden dort frischen Fisch. Manchmal betrat ich, auf einer meiner Besorgungstouren zu Fuß oder mit dem Fahrrad, auf die meine Mutter mich mit einem Einkaufszettel schickte, diesen fischig riechenden Laden und beobachtete, bis ich an der Reihe war, bedient zu werden, die grauschwarzen dickleibigen Karpfen, die durch den trüben algenverzierten Inhalt des hohen und breiten Aquariums, das dieser Behälter ja doch wohl war, ihre kurzen Bahnen zogen und dabei immer wieder das lippige Maul öffneten, mit dem sie den stummen Schrei ins Wasser zeichneten, den sie laut von sich gegeben hätten, wenn die Natur, die viel bemühte, ihnen die Lautbildung zugestanden hätte: O O, O O; jede Karpfengeneration, die dort hin- und herschwamm, ahnte ganz offen-sichtlich, was ihr bevorstand, nicht nur an Sylvester.
- Warmer, sonniger Tag.
16.5.2002
- Warmer, sonniger Tag.
16.5.2002
16.05.