11
Dez

Prolog: Texte aus dem Jahr 2000 (10)

Ich war ein ruhiges und ernstes Kind. Was mich nicht daran hinderte, mit Spielgefährten – denen aus der Schule und aus der Nachbarschaft – übliche Kinderspiele zu spielen. Gar so viele kann ich mir aber nicht mehr vor die Augen bringen; jedenfalls nicht aus der Zeit etwa vor dem zehnten, elften Lebensjahr. Wie hießen die Spiele, und wo fanden sie statt? Ich trieb mich, gemeinsam mit anderen oder allein, in der Garten- und Probststraße herum, auch auf dem Lindele. Oft zog ich in den Wintern den gedrungenen Schlitten die Lindelestraße hinauf, an Nachmittagen und bis in die Abende hinein, um von ganz oben bäuchlings die Straße hinunterzuflitzen, über die Schneeschanzen jagend, die Helmut K. und ich zuvor in die Strecke „eingebaut“ hatten; das sind einige der lebendigsten Erinnerungen an jene Jahre. Auch in dem lang gestreckten Wäldchen, das sich am Hang entlang der Gaisentalstraße bis zum Grünen Weg fast zieht, schlichen wir herum, oft schon nach Schulschluß. (Ich wurde in der Pflugschule, eine der Hauptschulen, unterrichtet, bis ich zur Realschule überwechselte, die im ehemaligen Wieland-Gymnasium an der Ecke Wieland- und Gymnasiumstraße untergebracht war, heute "Ochsenhauser Hof", und der hintere Teil des Gebäudes wurde in den siebziger Jahren abgerissen.) Fantasierten uns in eine Jungenwelt der Abenteuer hinein. Manchmal auch fuhr ich, häufig mit meinem Kinder- und Jugendfreund Helmut, dessen Eltern zuerst in der Gartenstraße (in den Fünfzigern), später in der Probststraße ein Lebensmittelgeschäft hatten, mit dem Fahrrad über die dort von Unkraut, Gebüsch und Zweigen an manchen Stellen fast überwucherten schmalen Trampelpfade, die irgendwer in irgendwelchen Jahren zuvor ausgetreten hatte; man fuhr da hin und her und wußte gar nicht so genau, warum. Manches Vergnügen läßt sich nicht erklären; man fühlt nur eine Stimmung, ein unbestimmtes Gefühl in sich, das einen auf sanfte Weise anreizt und in Bewegung setzt; auch in geistigen Dingen ist es oft so.

Während eines Sommers (oder waren es mehrere?), als die sechziger Jahre begannen, waren auch die Gärten der Familien K. und R., deren Häuser an der Gartenstraße liegen, damals jedenfalls lagen, unsere Spielplätze. Wilde Cowboys waren wir und und schossen mit Spielzeugpistolen um Häuser- und Heckenecken.

Noch als Grundschüler war ich bei den Pfadfindern Mitglied geworden und bekam eines Tages, in den Räumen an der Rückseite des evangelischen Ge-meindehauses an der Waldseer Straße, die im Souterrain liegen und die sich mit "Bärenfalle" und anderen phantasievollen Bezeichnungen aus Kiplings "Dschungelbuch", das an den wöchentlichen Abenden eifrig (vor)gelesen wurde, schmückten, ein blaues Hemd, ein ebensolches Halstuch und – einen Dolch ausgehändigt.

25.10.2000
Klaus-Dieter Diedrich (1951-2006): "Die Biberacher Zeit"

Suche

 

Kürzlich kommentiert

Ein wichtiges Projekt!
Als Biberacher, der K.D. kannte und als bekennender...
Tadellöser - 20. Dez, 13:02

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Statistisches & Linksphäre

Linksphäre:
Wer linkt hierher?

Besucherzahl:

Besucher-Statistik

Credits

Status

Online seit 6343 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 20. Dez, 13:02

biographie
galerie
impressum und (c)
projekt-info
widmung
KD
prolog
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren